Historischer Rückblick oder wie alles begann
Orlishausen war schon immer eine aktive Gemeinde. So war es nur eine Frage der Zeit, bis sich in Orlishausen nach der entbehrungsreichen Nachkriegszeit der Fasching seinen Weg suchte.
So fand 1956 der erste Fasching in Orlishausen statt, der in Anlehnung an alte Traditionen wie z.B. das Angerfest, das bis zum Krieg ein kultureller Höhepunkt in Orlishausen war.
Dieses, alle 4 Jahre gefeierte, Fest zog auch schon damals viele Gäste an. Auch fanden zu dieser Zeit schon wieder 3 Maskenbälle statt. Einer ausgerichtet vom Volkschor in der Schenke sowie je einer vom Kleintierzuchtverein und vom Sportverein im Gasthof. Es ist belegt, dass damals pro Maskenball zwischen 60-80 Masken auftraten. Unter Anregung und Leitung von Herrmann Schlitter und seinen Narren begann der Fasching in Orlishausen Gestalt anzunehmen.
1957 Umzugsende auf dem Schenkplatz,
rechts im Bild ist der eingezäunte Gefängnisbereich zu sehen
Mit Unterstützung der damals existierende Vereine wie die Laienspielgruppe, dem Chor, der Radsportler, Spintenclubs und viele anderer Mitwirkenden wurde ein erster Faschingsumzug auf die Beine gestellt.
Von Anfang an war ein Elferrat, ein Prinzenpaar, eine berittene Prinzengarde sowie viele Motivwagen mit dabei.
1959 Umzugsende auf dem Schenkplatz
Die Zahl von c.a. 100 mitwirkenden Pferden ist überliefert. Eine Große Anzahl von Kostümen wurde vom Kostümverleih Panse aus Erfurt bezogen. Am Tag des Umzuges wurden an den drei Zufahrtsstraßen nach Orlishausen Zollhäuschen mit Schlagbaum errichtet und unter „militärischer Bewachung gestellt“. Von jedem der während des Umzuges nach Orlishausen hinein wollte, wurde ein Wegezoll erhoben. Ein 1956 am Schlagbaum beim Gasthof aufgehängtes Schild mit dem Spruch „Es rollt der Rubel, es lachen die Banditen“ erregte so viel Aufsehen, das die Sicherheitsbeamten aus Sömmerda anrückten und verlangten, dass dieses Plakat innerhalb von zwei Stunden wieder abgenommen werden müsste.
Dem wurde nur ungern Folge geleistet. Hätte man sich damals anders entschieden, konnte das schon das Ende des Faschings bedeuten. Zum Glück beruhigten sich die Gemüter, und der erste Fasching wurde ein Erfolg. In den Jahren danach war der Umzug der Höhepunkt des Faschings. Am Abend wurde auf den Sälen weiter gefeiert. So wurde auch damals schon einige Büttenreden, Sketche und Gesangseinlagen vorgetragen.
Wagen des Prinzenpaares mit berittener Garde 1960
1957 „ Die Räuberbande“
Zum Fasching gehörte auch eine Räuberbande. Das Hauptziel der Räuberbande war es die Prinzessin zu rauben, welches Ihnen auch 1956 gelang. Dazu ist folgende Anekdote bekannt: Während der Umzug mit dem Festwagen des Prinzenpaares durch das Oberdorf fuhr, preschte plötzlich aus dem Gehöft von Karl Hoschke, ein mit Räubern besetzter Gespannwagen heraus. Den Überraschungseffekt nutzend, gelang es den Räubern die Prinzessin „Lisbeth I.“ in ihre Gewalt zu bringen und sich dann mit ihrer Beute, im „Räubernest“ Gasthof zu Bosse, zu verschanzen. Darauf erfolgten Verhandlungen mit dem Elferrat und schließlich wurde die Prinzessin von den Ministern freigekauft. Dabei wurden dann auch wieder die Räuber ausgetrickst, weil ein Teil des Lösegeldes Falschgeld war.
Schlüsselübergabe von Zeremonienmeister Franz Nagis an den Prinzen Otto Friedrich 1958
Eine weitere Episode fand im Jahr 1960 statt.
Am Faschingswochenende galt ein eigenes Gesetz mit verschiedenen Paragraphen. Einer davon besagt, das es ab 12:00 Uhr nicht mehr erlaubt war ohne Faschingverkleidung oder Narrenkappe auf die Straße zu gehen. Kontrolliert wurde diese von der Prinzengarde, die zur Ahndung von Verstößen auf dem Schenkplatz einen Verschlag als Gefängnis samt Galgen errichteten. „Gesetzesbrecher“ wurden dort inhaftiert und hatten die Möglichkeit sich wieder frei zu kaufen. Darin ist dann aus Spaß und eigenen Wunsch der Dorfpolizist gelandet. Er wurde symbolisch am Galgen hochgezogen. Was einige Zuschauer zu solchen Ausrufen bewegte wie: „Lasst ihn hängen, dann können wir wenigstens wieder unsere Gänse heraus lassen“. Dies wurde wiederum fehl interpretiert und sorgt in der eh schon angespannten innenpolitischen Lage für weiteren Zündstoff. Einige Mitwirkende des Faschings bekamen danach erhebliche Probleme durch den Partei und Staatsapparat.
Doch nach 1960 fand der Fasching ein vorläufiges Ende, wofür hauptsächlich die verschärfte Zwangskollektivierung der Orlishäuser Bauern verantwortlich war. Dies wurde von vielen als ein schweres persönliches Unglück angesehen. Man hatte andere Sorgen als Fasching zu feiern. Die Umstellung auf Traktorentechnik hatte außerdem zur Folge, dass viele Pferde abgeschafft wurden, die dann nicht mehr für die Umzüge zur Verfügung standen. Zu allen Problemen kam dann auch noch hinzu, dass der führende Kopf des Faschings, Herrmann Schlitter plötzlich verstarb. Es folgte eine 4 jährige Pause.
Neubeginn 1965
1965 wurde der Fasching in Orlishausen unter Federführung von Günter Ziegenhorn, Karl Fiedler und Franz Nagis wieder belebt.
Von den früheren Elferratsmitgliedern, Gardisten und anderen ehemaligen Mitwirkenden konnten viele wieder für einen Neuanfang begeistert werden. Auch neue Faschingsfreunde wurden dazu gewonnen.
Elferrat 1965
v.l. Waldemar Schneider, Werner Tänzer, Fritz Schwarzenau, Karl Fiedler, Erich Kanzler Richard Kästner, Otto Matthesius, Prinz Günter Ziegenhorn, Werner Batze, Werner Vedder, Erwin Kiunke, Lothar Hoffmann
Der Fasching in Orlishausen vollzog eine Wandlung vom Straßenfasching zum Bühnenfasching. Seit dem ersten Büttenabend, 1965, findet der Fasching auf dem Saal der Schenke, „Gasthaus zur Tanne“, statt. Das erste Programm bestand aus Büttenreden, Gesangseinlagen und Sketchen.
Den Aktiven des FCO wurde es dabei nicht leicht gemacht den Saal zu füllen. Das neue Medium Fernsehen, mit seinen Übertragungen der Fastnachtssitzungen aus Mainz und Düsseldorf, fesselte manchen Faschingsfreund vor dem Fernseher.
Prinzenpaar 1965
K. Kühndorf geb. Schlitter, G. Ziegenhorn
Dem Prinzenpaar kam beim Fasching eine große Bedeutung zu. So wurde der Prinz bei einer Sitzung am 11.11.für die nächsten zwei Jahre von dem Elferrat bestimmt. Zur Schlüsselübergabe wurde der Prinz von der Garde und dem Zeremonienmeister von seinem Wohnsitz abgeholt und in die, „Narrhalla“, Schenke gebracht. Das ging natürlich nicht ohne Begrüßungsschnaps ab.
1966 Abholung des Prinzen Günter Ziegenhorn durch die Garde von zu Hause
1966 Prinzenpaar mit Garde
stehend v.l.Karl Heinz Eichholz, Martin Schwarzenau, Karl Werner, Günter Rubisch(verdeckt), Günter Ziegenhorn, Georg Weiß, Lena Ziegenhorn, Reiner Böhm, Alfred Eiermann, Wolfgang Böhm, Gerhardt Barth, knieend v.l. Sigmar Grünberg, Dieter Eichholz, Bertold Büchner, Falk Kudling
Die Prinzessin wurde vom Zeremonienmeister ausgewählt. Bis zum ersten Büttenabend sollte nicht einmal der Prinz wissen, wer seine Prinzessin ist. Das Geheimnis wurde erst zu der Abendveranstaltung gelüftet. So wurde die Prinzessin, Karin Kühndorf geb.Schlitter, mit einer Sänfte auf die Bühne getragen.
1965 gab es auch den Startschuss zum Ausbau der Festwiese. Diese Festwiese war das Domizil des späteren Dorfclubs. Da der Fasching saisonal bedingt ist, waren viele Faschingsfreunde außerhalb der Faschingszeit im Dorfclub aktiv und organisierten auch die Kirmes und viele Tanzveranstaltungen auf der Festwiese.
Seit 1966 wurde auch etwas für das Auge geboten. Margot Fiedler gründete die erste Tanzgruppe.
v.l. Sylvia Eierman geb. Pietsch, Ilona Beblo geb. Wagner, Prinzessin Lena Ziegenhorn geb. Kanzler, Gudrun Schaaf geb. Kanzler, Heidemarie Rubisch geb. Böhm, Christina Werner geb. Kanzler,
kniend: Hannelore Weber, Adelheid Hennicke geb. Kiunke, Hildburg Kühndorf geb. Schmidt, Margret Klos geb. Werner